Claes Oldenburg, Giant Pool Balls, 1977, 51°57'25.6"N 7°37'05.5"E

Claes Oldenburg, Giant Pool Balls, 1977. Installationsansicht 2017

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Als Claes Oldenburg (1929–2022) in den 1970er Jahren zu den ersten Skulptur Projekten eingeladen wurde, war Kunst im öffentlichen Raum noch lange keine Selbstverständlichkeit. Mit Giant Pool Balls entwickelte der Künstler die Vision von Münster als einem riesigen Spielfeld. Oldenburg befragt die Ästhetik von Alltagsgegenständen häufig, indem er ihre Dimensionen vergrößert und sie in einen neuen Kontext stellt. Die Auseinandersetzung mit Proportionen und Verhältnismäßigkeiten bildet ebenso ein grundlegendes Element der Gemeinschaftsarbeiten mit Coosje van Bruggen, die an der Entwicklung der Kugeln maßgeblich beteiligt war. Ein erster Schritt ist dabei die Analyse der sozialen oder historischen Situation vor Ort: In Münster waren dies Erzählungen von einer in der Stadtmauer steckengebliebenen Kanonenkugel und Anekdoten über die Begeisterung der Münsteraner:innen für Ballonfahrten sowie entsprechende Luftaufnahmen von der Stadt.

Die Proportionen der Giant Pool Balls basieren auf dem Verhältnis des Durchmessers einer Billardkugel zur Spielfläche in einem herkömmlichen Billardspiel. Der ursprüngliche Vorschlag sah vor, eine unbegrenzte Anzahl von Kugeln über das gesamte Stadtgebiet zu verstreuen. Jedes Objekt sollte Bestandteil eines imaginären Ganzen sein, so wie jeder Standort ein Fragment der ganzen Stadt ist.1 Aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel konnte der ambitionierte Entwurf nur in einer reduzierten Version von drei Kugeln realisiert werden. Übertragen auf die Stadt Münster scheint die Anordnung der Kugeln zueinander zufällig, als wären sie gerade von einem gigantischen Queue angestoßen worden. Sie wurde jedoch absichtlich gewählt und so bleibt die imaginierte Bewegung der Kugeln durch ihre dynamische Position lediglich angedeutet, verstärkt durch die Bewegungsabläufe der umgebenden Segelboote, Autos, Fahrräder und Jogger:innen.

Im Katalog von 1977 wird die Frage aufgeworfen, ob die Giant Pool Balls eine störende Unterbrechung innerhalb der Parkanlage darstellen. Heute, knapp vier Jahrzehnte später, werden die Kugeln am Aasee keineswegs als Hindernis oder gar als Störfaktor wahrgenommen. Mittlerweile hat sich der Ort als beliebter Treffpunkt etabliert und ist zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden, das nun auch Souvenirs wie Schneekugeln oder Schokoladenverpackungen ziert. Damit lässt sich anhand von Oldenburgs Arbeit auch eine umstrittene Entwicklung von Kunst im öffentlichen Raum nachvollziehen.

Clara Napp

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Claes Oldenburg, Aus den Notizen über das Projekt Münster 1976–77. In: Klaus Bußmann und Kasper König (Hg.), Skulptur Ausstellung in Münster 1977, Ausst.-Kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, Münster 1977, 284–287, hier 284.

Dieser Beitrag ist für das Skulptur Projekte Archiv entstanden und wurde der Kunsthalle Münster zur Verfügung gestellt. Auf der Website des Skulptur Projekte Archiv sind alle Werke zu finden, die zur Öffentlichen Sammlung der Skulptur Projekte gehören.