27.6. – 30.6.2024,

Silke Schönfeld: No More Butter Scenes

, Kreativ-Haus

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Silke Schönfeld, No More Butter Scenes (Still), 2024

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Rund 35 Jahre nach der Premiere des Films Der letzte Tango in Paris (1972), sprach die Schauspielerin Maria Schneider erstmals über den sexuellen Missbrauch, den sie während der Dreharbeiten erlebt hatte. Der Regisseur Bernardo Bertolucci behauptete, er habe seine Hauptdarstellerin im Unklaren darüber lassen müssen, wie die berüchtigte „Butterszene“ mit Co-Star Marlon Brando ablaufen würde, um ihre authentische Frustration und Wut einzufangen. Brutalität in der Regieführung als Relikt aus einer archaischen Vergangenheit? Die #MeToo-Bewegung und auch die jüngsten Enthüllungen zu missbräuchlichen Arbeitsbedingungen an Filmsets und Theatern bilden den Ausgangspunkt von Silke Schönfelds neu produziertem Film. Sie verdeutlichen, wie aktuell das Thema ist und wie komplex, wird doch die Glaubwürdigkeit von betroffenen Schauspieler:innen immer wieder angezweifelt. Schon weil es doch ihre Profession sei, Gefühle darzustellen.

No More Butter Scenes (2024) untersucht das Verhältnis von Konsens und Intimität im Kontext des Schauspielberufs. In Gestalt eines Kammerspiels mit Lola Fuchs und Mervan Ürkmez in den Hauptrollen ist das Setting an PR-Interviews angelehnt, wie sie Schauspieler:innen geben, um Blockbuster zu bewerben. Ein ganz eigenes Genre, das vom Spannungsverhältnis zwischen der Leinwandfiktion und der Selbstinszenierung der Stars als (vermeintliche) Privatpersonen lebt. Die Situation des Interviews wird von Schönfeld schleichend dekonstruiert. Der verbale Schlagabtausch zwischen den beiden Schauspieler:innen entwickelt sich auf körperlicher Ebene zu einer Mischung aus Tanz und Kampf. Übungen aus der Intimitätskoordination werden als Choreographien inszeniert. No More Butter Scenes veranschaulicht die psychologische Komplexität von strukturellem Machtmissbrauch. Die beiden Schauspieler:innen nehmen die Rollen von Zeug:innen und Kompliz:innen ein. Wobei u. a. die Frage aufkommt, inwiefern es auch die eigenen Ambitionen sein können, die in einem solchen Fall zu einer Kompliz:innenschaft führen?

Silke Schönfeld (geb. 1988) studierte bildende Kunst an den Kunstakademien in Münster und Düsseldorf. Von 2020–2022 war sie Residenzkünstlerin an der Rijksakademie van beeldende kunsten in Amsterdam. Zu ihren Werken zählen u. a. der dokumentarische Kurzfilm Ich darf sie immer alles fragen, der ein intimes, transgenerationales Trauma verhandelt und der den Prolog zu einem autobiografischen Langzeitprojekt bildet. 2023 wurde Ich darf sie immer alles fragen mit dem Preis des NRW Wettbewerbs der Kurzfilmtage Oberhausen sowie dem Deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichnet. Für das Ruhr Ding: Klima realisierte sie die dreiteilige Videoinstallation Family Business. Ihre Arbeiten wurden zudem in zahlreichen Kunstausstellungen und auf Filmfestivals ausgestellt, u.a. im Goethe-Institut, Paris, CAN Foundation, Seoul, Garage Rotterdam, Building Bridges Art Exchange, Santa Monica. Indem sie persönliche Geschichten mit historischen und sozialen Strukturen verwebt, taucht sie in spezifische Kontexte ein und setzt sich mit ihren eigenen Vorurteilen auseinander. Als teilnehmende Beobachterin rückt sie Menschen in den Fokus, seien es einzelne Protagonist:innen oder gesellschaftliche Gruppen. Während sie diesen folgt, dokumentiert sie Erinnerungen, Rituale, Ideologien und Prozesse der Identitätsbildung.

Kurator:innen: Daniel Huhn + Merle Radtke

Eine Zusammenarbeit mit der Filmwerkstatt Münster im Rahmen des Internationalen Festivals für Tanz, Theater, Performance und Film FLURSTÜCKE 2024.

Ein Projekt von:

Das Programm der Kunsthalle Münster wird unterstützt vom Freundeskreis der Kunsthalle Münster.

Begleitprogramm:

29.6.2024, 15:30 Uhr,

Gespräch mit Silke Schönfeld, Lola Fuchs und Theresa Maria Hager

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