10.7. – 11.9.2022,

A Letter from the Front: AntiGONNA, Yaroslav Futymsky, Nikita Kadan, Nikolay Karabinovych, Dana Kavelina, Lesia Khomenkо, Alina Kleytman, Katya Libkind, Yarema Malashchuk + Roman Himey, Lada Nakonechna, R.E.P., Daniil Revkovsky + Andriy Rachinsky, Mykola Ridnyi, Oleksiy Sai

, Kunsthalle Münster

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Yaroslav Futymsky, Flag is burning, 2019, Farbe, Ton, 1:51 Min. Installationsansicht, Kunsthalle Münster 2022.

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Mit A Letter from the Front präsentiert die Kunsthalle Münster eine Auswahl von Videos und filmischen Werken von insgesamt 16 Künstler:innen und einem Künstlerkollektiv aus der Ukraine. A Letter from the Front wurde vom Castello di Rivoli Museo d'Arte Contemporanea, Rivoli-Turin, nach der Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 in Auftrag gegeben und produziert.

Die von dem bildenden Künstler Nikita Kadan (geb. 1982 in Kyiv) gemeinsam mit Giulia Colletti zusammengestellte Auswahl zeigt insgesamt 19 Filme, die in den letzten 15 Jahren entstanden sind, geschaffen von Künstler:innen unterschiedlicher Generationen. Zu sehen sind Werke von AntiGONNA, Yaroslav Futymsky, Nikita Kadan, Nikolay Karabinovych, Dana Kavelina, Lesia Khomenkо, Alina Kleytman, Katya Libkind, Yarema Malashchuk + Roman Himey, Lada Nakonechna, R.E.P., Daniil Revkovsky + Andriy Rachinsky, Mykola Ridnyi, Oleksiy Sai.

Das Projekt ist für die Kunsthalle Münster ein Bekenntnis gegen Krieg, Unterdrückung und jegliche Formen staatlicher Gewalt sowie ein Bekenntnis zu den Künstler:innen des Landes, die ihre Stimme und ihre Werkzeuge einsetzen, um uns zu zeigen, was wir sehen müssen. „Dieser Krieg zieht sich nun schon seit acht Jahren hin, aber der Donbass und die Krim waren eher unsichtbar – oder zumindest nicht so interessant für die Medien. Es verhält sich hier ein bisschen so wie mit einer Katastrophe, die an die Peripherie gerückt wird, damit das Zentrum sauber und sicher bleibt“, so Nikita Kadan. Die Filmauswahl stellt einen Versuch dar, die Situation in der Ukraine begreifbarer zu machen. Zugleich unterstreicht sie unseren Glauben an Kunstwerke als Formen kollektiver Kommunikation und als Mittel zum Verständnis. Sie arbeitet mit Mechanismen der Intuition und der Imagination, die dabei helfen könnten, die Welt klarer zu sehen.

Einige der ukrainischen Künstler:innen, deren Werke in der Kunsthalle gezeigt werden, sind in den belagerten Städten eingeschlossen oder haben sich in die Grenzgebiete oder in die Nachbarländer geflüchtet. Sie mobilisieren sich innerhalb oder außerhalb der Grenzen des vom Krieg zerrütteten Landes und trotzen den Entfernung kämpferisch mit ihren eigenen Körpern. Einige von ihnen konnten ihre Festplatten nicht retten, bevor sie ihre Häuser und Ateliers verließen. Daher können im Rahmen dieses Projekts die Kunstwerke nur in der Form gezeigt werden, wie sie digital auf Servern, Clouds und Webplattformen gespeichert wurden.

„Je größer die Entfernungen zwischen uns allen sind, desto mehr fühlen wir uns in unserem Verlangen geeint, die russische Aggression in der Ukraine zu stoppen. Wir könnten nicht solidarischer sein als jetzt, wo wir der Tatsache ins Auge sehen, dass die jahrelangen politischen Kämpfe sich aufzulösen und in Rauch aufzugehen drohen. Die Auswahl der bei dieser Gelegenheit präsentierten Filme und Bewegtbilder spricht nicht unbedingt vom neuen Krieg. Sie zeugen vielmehr von der Arbeit, die wir geleistet haben (oder von der wir dachten, dass wir sie geleistet hätten), um den Konflikt zu verhindern. Diese Werke können als Vorahnung einer offensichtlichen und unvermeidlichen Katastrophe gesehen werden, die in der Geschichte der Ukraine zu oft greifbar war.“ (teilnehmende Künstler:innen)

Ergänzt wird A Letter from the Front durch einen Leseraum, dieser kann während der Öffnungszeiten der Kunsthalle Münster von allen Besucher:innen genutzt werden. Man kann in die vorhandene Literatur eintauchen, ihn als Arbeitsplatz oder Ort für Gespräche nutzen. Während der begleitenden Veranstaltungen dient er als Ort für Vorträge, Lesungen und Diskussionen. Mit der Ausstellung sowie dem Leseraum lädt die Kunsthalle dazu ein, gemeinsam zu Lernen und offenen Fragen zu begegnen, aber auch eigene Erfahrungen mit anderen zu teilen. Einen Einstieg in die komplexen historischen Zusammenhänge gibt im vorderen Raum der Kunsthalle zudem ein Vortrag des Historikers Timothy Snyder über Deutschlands historische Verantwortung für die Ukraine zu sehen, den er 2017 auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag hielt.

Die visuellen Eindrücke werden außerdem um das Hörstück The Labour of Witnessing von Asia Bazdyrieva (geb. 1986 in Svitlodarsk) erweitert, das auf ihren Kriegstagebüchern basiert. Diese Notizen, die sie im Vorfeld und während des russischen Einmarsches in die Ukraine zwischen Februar und April 2022 zunächst im Bombenkeller und dann in ihrem Zimmer im Haus ihrer Familie in der Zentralukraine schrieb, sind sowohl eine Reflexion der laufenden Ereignisse als auch ein verkörperter Bericht darüber, körperlich und geistig auf den Krieg reduziert zu werden.

Projektkoordination Kunsthalle Münster: Merle Radtke
Assistenz Kunsthalle Münster: Constanze Venjakob

Das Programm der Kunsthalle Münster wird unterstützt vom Freundeskreis der Kunsthalle Münster.

Begleitprogramm:

8.9.2022, 18:00 Uhr,

Gespräch mit Nikita Kadan und Merle Radtke

, Kunsthalle Münster